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3 neue Naturdenkmäler für St. Pölten

Umwelt

Autor:

Green Steps

Short summary:

In den letzten Wochen wurden drei alte Bäume der Stadt zum Naturdenkmal erklärt. Ein Erfolg für die lokale Umweltschutz- und Umweltbildungsarbeit unseres Vereins sowie ein proof of concept für die Green Steps ARK, das web-app unseres Vereines, welches Umweltbildung und Umweltschutz mit breiter Bürgerbeteiligung ermöglicht. Die Naturdenkmalerklärungen können die weiterhin bestehenden Probleme aber nicht verdecken. Wir laden LehrerInnen ein sich mit ihren Schülern an der Lösung zu beteiligen.

Green Steps hat im Dezember 2022 gemeinsam mit der Forschungsgemeinschaft Lanius und den Grünen St. Pölten bei der Umweltrechtsabteilung des Magistrates St. Pölten – mangels genereller Baumschutzverordnung - die Erklärung der 265 größten Bäume der Stadt zu Naturdenkmälern angeregt. Viele dieser Anträge wurden wegen oft nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Drei Big Friendly Giants - so nennen wir diese Bäume in unserem Umweltspiel - haben es aber geschafft. Sie wurden vom Magistrat ein Jahr nach Antragstellung zum Naturdenkmal erklärt.

Wir haben im Zuge eines Umweltbildungsprojektes das Stadtgebiet seit Herbst 2020 nach alten Bäumen durchforstet, und dabei festgestellt, dass die Anzahl der Naturdenkmäler stark rückgängig ist. Der Höchststand von 52 ist 2022 auf 39 gefallen. Eine bei der TU Wien im Jahre 1988 in Auftrag gegebene Landschaftsstudie führte im Jahr 1991 zum Erlass von 16 Naturdenkmalbescheiden. Seitdem herrschte quasi Stillstand. Das letzte Naturdenkmal wurde vor 18 Jahren erklärt. Bestehende Naturdenkmäler sind nicht ausreichend gekennzeichnet und gepflegt. Die gesammelten Daten zu über 400 Bäumen wurden in einem umfassenden Bericht publiziert

Wir freuen uns trotz dieser Vorgeschichte über die drei neuen Naturdenkmäler und hoffen dass unser Vereinsarbeit zu einem holistischen Umdenken in Verwaltung und Bevölkerung führt. Green Steps veranstaltet wöchentliche Wanderungen in die schönsten Ecken der Stadt und lädt dich - und speziell Schulen - ein, mit uns die Naturschätze der Stadt zu entdecken. Solltest du keine Zeit an unseren Terminen haben, dann geh doch mit Familie oder Freunden einen Big Friendly Giant (aka BFG) besuchen. Unsere St. Pöltner Wanderrouten sind öffentlich und kostenlos zugänglich.

Big Friendly Giants

Die Stadtnatur durch ein outdoor-Spiel kennenlernen

Unser Konzept für Umweltbildung erfasst das gesamte Stadtgebiet und lädt dich ein, gemeinsam mit unseren Umweltpädagogen oder mit Hilfe einer genialen web-app die Routen in Form eines run & jump Spiels zu erwandern. Insgesamt über 30 „quests“ warten auf euch in St. Pölten und mehr als 300 BFGs können ähnlich wie bei Geocaching gesammelt werden. Jeder BFG ist ein Superheld, dessen Ökosystemleistungen von unserer app berechnet werden.

Wer nicht nur in der Natur St. Pöltens spielen will, kann neue Bäume schützen und BFG Guardian werden, indem er diese kartiert und in neuen Wanderrouten zusammenfasst. Die Erstellung von neuen Wanderrouten ist insbesondere für Schulklassen ab der 6. Schulstufe eine tolles Semesterprojekt, in welchem die Stadtnatur spielerisch erforscht wird und man hands-on allerhand über die verschiedensten Naturschutz-Konflikte – von Oberflächenversiegelung bis zu Haftungsfragen – lernt.

Mobile
Campus
4.0

Ein Umweltspiel als Teil eines größeren pädagogischen Konzeptes

Das Umweltspiel Big Friendly Giants ist Teil eines umfassenden Projektes, dem Mobile Campus 4.0, welches die Skalierung von place-based education (ortzentrierter Bildung) zum Ziel hat. Der Mobile Campus 4.0 ist auf vier Pfeilern verankert: Nationalpark Stadt, Internet of Nature, Gamification, Massive Open Participation.

1. Nationalpark Stadt: Wir legen das Konzept Nationalpark als Bildungs- und Schutzraum auf die Stadt um, 0indem NutzerInnen als informelle Stadtranger fungieren, Ökosystemleistungen verstehen, Routen ausschildern, Naturlernorte infrastrukturell verbessern und Besucher unter Verwendung eines speziell für St. Pölten entworfenen analogen Baumführers anleiten.

2. Internet of Nature: Der zweite Pfeiler ist Kartierung von Naturelementen mit Hilfe unseres web-apps. Dieses Vorhaben bezeichnen wir als Internet of Nature in Anlehnung an das Internet of Things. Der Projekttitel Mobile Campus 4.0 leitet sich ebenfalls von diesem Konzept ab: 4.0 ist eine Anspielung and die Industrielle Revolution 4.0 – mit dem Unterschied, dass die Spieler als Sensoren funktionieren und nicht technische Meßeinrichtungen.

3. Gamification: Die dritte Säule beschreibt die Gamification dieser Bildungsinitiative bzw den Aufbau eines gamified learning environments, kurz GLE. Interaktive Fragen zum Natur- und Lebensraum, sammelbare Spielkarten, die Bäume als Klimahelden darstellen, und vieles mehr zählt dazu.

4. Massive Open Participation steht für breitest mögliche Bevölkerungsbeteiligung in Form von Kartierung der Stadtnatur sowie Beschreibung dieser und ihrer kulturellen Verbindungen. Ein praktisches Beispiel ist die Befragung eines Grundstücksbesitzers über die Geschichte eines alten Baumes, den du kartiert hast oder die künstlerische Dekoration von Big Friendly Giants.

Es wartet viel Arbeit auf junge und junggebliebene Umweltschützer

Im Norden St. Pöltens stehen den drei neuen Naturdenkmälern einige Rodungsflächen gegenüber, die den problematischen Status der Stadtnatur zeigen. Wir haben für euch eine kleine Karte erstellt, die nicht nur die neuen Naturdenkmäler verortet (in grün), sondern auch die in den letzten 14 Monaten gerodeten Flächen (in rot) hervorhebt. Um weiteren Rodungen entgegenzuwirken, ist es notwendig, dass vor allem die Jugend mehr Zeit in der Stadtnatur verbringt. Anstatt diese weiterhin für neue und oft unnötige Immobilienprojekte zu reduzieren, sollten wir die nächste Generation schulen und damit beauftragen unseren Lebensraum zu pflegen und so zu gestalten, dass wir unsere Stadt in der Tat als Nationalpark bezeichnen können.

1. Austin Spitzenfabrik (3ha): Ende 2022 wurden in der Austinstrasse eine alte Parkanlage des gerodet. Es hat sich dabei um einen unserer Lieblingsplätze gehandelt, dem wir tief nachtrauern. Die teilweise über 150 Jahre alten Bäume des angelegten Parkes rund um das Herrenhaus der Austinfabrik waren von Efeu überwuchert und seit Stilllegung der Fabrik unberührt. Ein wahrer Urwald, der einer weitreichenden Stadtentwicklung in Viehofen zum Opfer gefallen ist. Wir haben darüber berichtet.

Auf der anderen Seite des Mühlbaches, angrenzend an diesen Park ist in den vergangenen drei Monaten der gesamte Hang gerodet worden. Es ist uns nicht bekannt mit welchem Ziel diese Rodungen durchgeführt werden, aber eine weiteres Immobilienprojekt ist wahrscheinlich. Bis 17. Feber werden die Rodungsarbeiten, wie auf der Austinstrasse angekündigt, fortgesetzt.

 2. Die WEE Gründe (5ha): 500 Wohnungen sollten auf den ehemaligen WEE Gründen am nördlichen Ende der Austrasse von einem Konsortium mit Beteiligung der nunmehr insolventen Signa Gruppe gebaut werden. Obwohl es bereits Anfang 2023 eindeutige Zeichen gab, dass die Signa Gruppe unnachhaltig operiert und in finanzielle Schwierigkeiten kommen wird, wurde das gesamte etwa 5ha große Areal gerodet. Der grob fahrlässigen Maßnahme fielen zumindest 40 gezählte Bäume mit einem Stammumfang von mehr als 250cm zum Opfer.

Wenn man sich auf derartig zerstörten Flächen befindet, erhalten viele Fragen des Natur- und Umweltschutzes eine Schwere und Dringlichkeit, die man im Klassenzimmer oder im Büro nur schwer nachvollziehen kann. Etwa: warum gibt es kein Gesetz, dass Immobilienentwicklern vorschreibt, ihre Projekte rund um alte Bäume zu planen? Es dauert einen Tag einen großen Baum umzuschneiden, aber 100 Jahre und mehr, um jene Exemplare wachsen zu lassen, die wir als BFGs bezeichnen. Sie stellen eine quasi nicht-erneuerbare Ressource des menschlichen Wohlbefindens und der Gesundheit unserer Ökosysteme dar.

Die Projektentwürfe von Architekten wie jener der WEE Gründe, zeigen oft große Bäume direkt neben den neu gebauten Wohnhäusern, aber niemand spricht bei Projektabnahme und Freigabe, dass derartige Bäume erst drei, vier, fünf Generationen möglich sind, wenn man den gegenwärtigen Baumbestand entfernt hat. Es wäre die Verantwortung der Stadt- und Landesverwaltung, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der derartige Natur- und Lebensraumzerstörung unterbindet.

3. Viehofner Quellaufstoss (3ha): Erst vor einem Jahr hat die Stadt St. Pölten das Gebiet nördlich des kleinen Viehofner Sees erworben, in dem sich der Viehofner Quellaufstoss befindet. Zwei unserer Wanderrouten führen durch dieses idyllische Gebiet, das gerade zum Frühlingsbeginn durch ein Schneeglöckchen und Leberblumen Meer bezaubert. In den letzten Tagen ist unmittelbar am Ende dieses Gebietes eine größere Fläche direkt südlich der Fischteiche gerodet worden. Die Hintergründe sind unbekannt.

4. Traisen Auwald bei Fischteichen (1,5ha): Nördlich der Fischteiche an der Gorbachstrasse im Süden von Unterradlberg wurde ebenfalls eine große Waldfläche gerodet. Bedenklich ist hier vor allem, dass es sich um jene Fläche handelt, durch die der Quellaufstoss fliesst. Wir haben einen mutmaßlichen Spitzahorn mit 580 cm Stammumfang vorgefunden und fragen uns, warum jemand überhaupt auf die Idee kommen kann, einen solchen Baum zu entfernen. Sollte dieser nicht für jeden Menschen eine Bereicherung darstellen?

Wer sich durch diesen Bericht zum Handeln aufgerufen fühlt, und erkannt hat, dass Umweltschutz letztlich in der Verantwortung der Bevölkerung ist, soll sich bei uns melden. Wir freuen uns insbesondere über Lehrer und LehrerInnen, die mit ihren Schülern einen Beitrag zum lokalen Umweltschutz leisten wollen. Mit der Green Steps ARK stellen wir ein tolles Werkzeug und Unterrichtsmittel zur Verfügung, welches Lernen in der Heimatstadt zu einer spielerischen und sinnstiftenden Erfahrung im Klassenverband macht.