Donate button

Worum gehts beim Green Steps Mobile Campus?

Mobile Campus

Autor:

Knut Wimberger

Short summary:

Der Mobile Campus ist ein Konzept und eine Methode, Sankt Pölten als unsere schützenswerte Heimat und als überlebensnotwendiges Ökosystem in das Bewusstsein aller Bewohner egal welcher sozialen, ethnischen oder religiösen Herkunft zu heben und dieses Bewusstsein durch tägliches Handeln praktizieren zu lassen. Dieses Pilotprojekt soll im Weiteren als best practice auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene Sankt Pöltens Rolle als 2nd leading city mit einem wichtigen Beitrag zur Lösung von sozialen und klimapolitischen Herausforderungen untermauern.

Migration verändert homogene Gesellschaften. Die von Samual Huntington in den 90er Jahren heraufbeschworenen Clash of Civilization Szenarien sind zumindest seit 2015 auch in Europa eine Realität, der sich Politik und Gesellschaft stellen müssen. In Verbindung mit der Klimakrise, die weitere Bevölkerungswanderungen auslösen wird und bereits ausgelöst hat, erfährt Integrationsarbeit eine neue Dimension. Umweltbildung ist ein nachhaltiger Beitrag zur Integration von Zuwanderern und schafft ein neues Heimatkonzept, das nicht auf einer gemeinsamen Kultur, sondern auf gemeinsamer Natur beruht.

Das Metaziel des Green Steps Mobile Campus ist, Sankt Pölten als unsere schützenswerte Heimat und als überlebensnotwendiges Ökosystem in das Bewusstsein aller Bewohner egal welcher sozialen, ethnischen oder religiösen Herkunft zu heben und dieses Bewusstsein durch tägliches Handeln praktizieren zu lassen. Dieses Pilotprojekt soll im Weiteren als best practice auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene Sankt Pöltens Rolle als 2nd leading city mit einem wichtigen Beitrag zur Lösung von sozialen und klimapolitischen Herausforderungen untermauern.

Die Natur wurde bisher als Ressource zur Schaffung einer gemeinsamen Basis für Menschen mit unterschiedlichem sozialem, ethnischem und religiösem Hintergrund viel zu wenig genutzt. Die Mainstream-Diskussion konzentriert sich so sehr auf den Verlust der biologischen Vielfalt und den Klimawandel, dass wir die Möglichkeiten übersehen, die Umweltbildung als Vehikel für soziale Integration bietet. In einer Welt mit immer mehr Menschen und immer weniger Raum sind wir gefordert, individuelle Empathie für die Natur und Verantwortung für das Gemeingut zu entwickeln. Woher wir kommen – sozial und kulturell – oder welchem Glauben wir anhängen, sind kleine Fragen im Vergleich dazu, wohin wir gehen. Die Zukunft der Menschheit ist eine gemeinsame, und wir müssen lernen, dass wir alle im selben Boot sitzen.

Unsere Arbeit ist stark von der Montessori Methode beeinflusst, bringt aber auch andere umweltpädagogische Ansätze wie beispielsweise jene der Forest School oder der School of Life ein. Wir haben unsere eigene Methodik in der Form des dreifachen Fokus entwickelt, welcher eine Balance zwischen intra-, inter- und ökologischer Intelligenz anstrebt.

Green Steps hat ursprünglich den Arbeitsfokus neurologischen Erkenntnissen folgend auf Kinder im Alter zwischen 3 und 9 Jahren gesetzt. Für Sankt Pölten wurde dieser Fokus den lokalen Bedingungen entsprechend auf 6-15 angepasst bzw. ausgedehnt. Wissenschaftliche Studien wie jene des Harvard Center on the Developing Child haben gezeigt, dass bei Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren das grösste Potential betsteht langfristig wirkende Verhaltensweisen manuell zu erlernen. Dieses Potential nimmt mit ansteigendem Alter exponentiell ab und wird von Neurologen als reduzierte Neuroplastizität beschrieben. Dennoch investieren alle Volkswirtschaften den Löwenanteil ihrer Bildungsbudgets in tertiäre Institutionen. Es liegt auf der Hand, dass diese bildungs-politischen Akzente nur geringe Auswirkungen auf soziale Integration und klimagerechte Bildung haben.

Projektziele im Detail:
> Kinder unterschiedlicher sozialer, ethnischer und religiöser Herkunft integrieren und ihnen ein Gefühl für ein gemeinsames Zuhause geben
> Respekt und Verantwortung für die Umwelt als wertvolles und schützenswertes Gemeingut schaffen
> Ergänzung des traditionellen MINT-basierten Innenraum-Curriculums mit einem neuen Fokus auf soziale und ökologische Empathie
> Spielerische Verbindung mit der lokalen Bioregion
> Bewusstsein für die Schönheit der Natur und ihrer Ökosystemleistungen entwickeln
> Die Rolle verschiedener Arten im Ökosystem verstehen
> Die Anwendungen und Verwendungen von Pflanzen lernen
> Implementierung eines Naturraum-Curriculums
- mit geringem CO2-Fußabdruck
- in bestehenden Grünflächen der Stadt
- zur Regeneration von Gemeingütern und
- zur Überwindung von sozialer, ethnischer und religiöser Segregation
> Weitergabe unserer Methoden an interessierte Eltern/Lehrer/Schlüsselpersonen durch 2-tägige Intensivkurse

Wir bedienen uns hierbei u.a. der bewährten Montessori Pädagogik, welche projektorientiertes und praktisches Lernen in Zeitfenstern von etwa drei Stunden als Prinzip festschreibt. Unsere Routen dauern daher mit An-und Abreise in etwa einen Halbtag und werden je nach Jahreszeit vormittags und nachmittags (Sommerprogramm) oder nur nachmittags (komplementäres Schulprogramm) umgesetzt.

Ausgangspunkt unserer Routen kann jeder beliebige Ort in der Stadt sein, etwa das Museum Natur, der Bahnhof oder wie während der Sommermonate der Camping Platz am Ratzersdorfer See. Bisher wurden diese Routen implementiert entworfen und wir fügen kontinuierlich neue Routen und Veranstaltungstypen hinzu: Sparkassenpark, Nadelbach, Hammerpark, St. Georgen am Steinfelde, Kaiserwald, Ochsenburg, Musikschule aka Voith Villa, Harland, Traisen Lounge, Stattersdorf, Viehofner Seen, Pottenbrunn, Feldmühle, Traisen, Citysplash, Viehofen.

Die einzelnen Routen werden unter dem Dachbegriff „Mobile Campus“ zusammengefasst. Mobile Campus steht für Lernen im Freien an verschiedenen Orten, die zu Fuß, mit Rad oder öffentlichen Verkehr einfach erreicht werden können. Die Aktivitäten richten sich bevorzugt an Kinder in den Altersgruppen 6-9, 9-12 und 12-15 und werden in einem Naturführer – Teilnehmerverhältnis von 1:6 abgehalten. Kleinere Kinder können auf Anfrage mit ihren Eltern bei gewissen Veranstaltungen teilnehmen.

Unser Team ist bewusst international und besteht aus teils erfahrenen, teils in Ausbildung befindlichen Nature Guides, die oft über eine naturwissenschaftliche Vorbildung verfügen. Wir sind alle Ersthelfer und legen großen Wert auf detaillierte Vorbereitung unserer Veranstaltung, um Gefahren und Risiken zu vermeiden. Gloria Corradini ist Biologin und qualifiziert sich bei Green Steps im Rahmen eines Europäischen Freiwilligenjahres als Umweltpädagogin. Merlin Mayer studiert Biologie an der Universität Wien und bringt sich im Team mit seiner journalistischen und fotographischen Leidenschaft ein. Lukas Helebrandt unterstützt unsere Arbeit als technischer Leiter und mastermind unserer Lernplattform. Valentin Pivert verleiht unserem Auftreten Ästhetik und Glanz. Giuseppe DeStefano führt unsere interationale Kommunikation. Pascal Gruber ist gelernter Gärtner und qualifziert sich bei Green Steps während seiner Wartezeit auf den Zivildienst als Umweltpädagoge. Knut Wimberger bildet angehende Nature Guides aus und leitet den Standort St. Pölten.

Quellendokumente:
ARTE: A history of migration in Europe
Samuel Huntington: Clash of Civilizations
Henry Kissinger: World Order
Nationalen Energie- und Klimaplan für Österreich (Ref-NEKP)
Bundesamt für Naturschutz: Naturbewusstsein 2019
Green Steps: European Green Deal
Bildungswissenschafter Hans Karl Peterlini über notwendige Veränderungen im Bildungssystem
Green Steps: Wie man aus Kindern Piraten macht
Die Presse: Braucht Österreich Einwanderung?
Der Spiegel: Was ist Heimat?
Philosoph David Richard Precht: Von der Pflicht