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Green Steps - Ein engagierter Verein für ein grünes St. Pölten

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Autor:

Green Steps

Short summary:

Interview von Valentina Riedl mit Knut Wimberger im Magazin Schaurein: Für Bildung im Einklang mit der Natur in St. Pölten setzt sich der Verein Green Steps vorbildlich ein. Mit ihren Werten, Verantwortung für den Planeten, Neugierde und Mitgefühl, versuchen sie diese zu leben und weiterzugeben, indem sie den dreifachen Bildungsfokus anwenden, welcher intrapersonelle, interpersonelle und ökologische Intelligenz fördern soll.

1. Was sind die Mission und die Vision von Green Steps?

Unser Name ist Programm: wir setzen grüne Schritte und verbinden Menschen mit der Natur. Unsere Mission ist Naturentfremdung zu reduzieren, wobei jede Stunde, die wir mit Kindern und Jugendlichen in der Natur verbringen, uns unserer Vision einer Menschheit, die im Einklang mit der Natur lebt, näherbringt.

Unsere Werte sind Verantwortung für den Planeten, Neugierde und Mitgefühl. Wir versuchen diese Werte zu leben und weiterzugeben, indem wir den dreifachen Bildungsfokus anwenden, welcher intrapersonelle, interpersonelle und ökologische Intelligenz fördern soll.

Unsere sehr „grüne“ Ausrichtung hat aber auch eine ebenso wichtige weitere Komponente: wir sind davon überzeugt, dass mehr Kontakt mit der Natur hilft, vielen Kindern, die nicht in den industriellen Bildungsraster passen, ihr Element schneller zu finden und ihr Potential zu entfalten. Wir haben daher einen sehr umfassenden Reformpädagogischen Auftrag, der versucht die Montessori Methode auf den Naturraum umzulegen.

2. Angebote von Green Steps

Wir bieten in St. Pölten geführte Wanderungen in die Stadtnatur an und versuchen gerade Schulen dafür zu gewinnen, mehr über den Lernraum Stadt zu erfahren. Dafür haben wir mehr als 20 Routen entwickelt, die wir kostenlos mit Anleitungen über unsere web app zur Verfügung stellen.

Wenn Lehrer unsere Unterstützung wollen, dann begleiten wir sie mit ihren Klassen so lange bis sie vielleicht sogar selbst neue Routen anlegen. Unser web app funktioniert dabei wie ein wirklich tolles Werkzeug, das von Umweltpädagogen entwickelt wurde, um Bäume zu kartieren, über die lokale Biodiversität spielerisch zu lernen und selbständig Routen zu entwickeln. Benützer der app – und das ist mittlerweile nicht nur Green Steps - werden so zu richtigen Hütern der Natur.

Wir bilden Interessierte zu Naturvermittlern in einem kompakten Training aus, wir haben in St. Pölten ein Kartenspiel zur Vogelwelt entwickelt, welches es in der Buchhandlung Schubert zu kaufen gibt. Wir haben einen wunderschönen Baumführer für St. Pölten entwickelt, den man bei uns zum Selbstkostenpreis bestellen oder abholen kann. Und 2021 habebn wir am Neusiedlersee eine Dokumentation zum Wert von Umweltbildung für Kinder und Jugend hergestellt.

Unser Zugang ist insgesamt sehr einfach: alles was Naturerfahrung spannender und wirkungsvoller macht, ist für uns erlaubtes Mittel zu Zweck, insbesondere suchen wir Kooperationen mit gleichgesinnten Personen und Organisationen, da nur gemeinsam Erfolg möglich ist.

Unser gesamtes Serviceangebot ist hier zu finden: https://www.greensteps.me/upload/document/Trifold-Flyer-v3---DE.pdf

3. Wer steht hinter Green Steps St. Pölten?

Unser Kernteam besteht aus drei Personen:
1. Gloria Corradini, Biologin und Naturvermittlerin: Training
2. Lukas Helebrandt, IT und open source software Experte: Entwicklung
3. Knut Wimberger, Organisationsentwickler und Umweltpädagoge: Betrieb

Darüberhinaus haben wir jedes Jahr ein oder zwei europäisches Freiwillige im Rahmen des European Solidarity Corps Programmes. Dieses Jahr ist Youssef Hazma aus Italien bei uns. Lillah Martiens studiert Stadtplanung in den Niederlanden und absolviert derzeit ein Praktikum im Verein.

Unser erweitertes Team ist auch auf unserer website zu finden und fast alle Kollegen haben sich sehr persönlich in der Sektion team intro vorgestellt: https://www.greensteps.me/library/

4. Wie sieht dein/euer Arbeitsalltag aus?

Wir versuchen unsere Arbeit zwischen Büro und Natur zu teilen, aber in der Realität werden wir oft von umfangreichen Aufgaben im Bereich Kommunikation und Adminstration im Büro festgehalten. Das Kartieren und Erstellen von neuen Arten und Expemplaren nimmt auch nicht wenig Zeit in Anspruch. Jedes Mal wenn wir rausgehen, kommen wir natürlich mit neuen Fotos und Informationen zurück, die wir entweder in die web app einpflegen oder darüber einen Artikel für unser Internet Bibliothek schreiben. Im Winter sind wir mehr im Büro als von Frühling bis Herbst, wo wir dann den Bürostunden im Freien ausgleichen.

Fällung einer hundertjährigen Linde in Ochsenburg

5. Siehst du einen wachsenden Bedarf oder einen Rückgang der Notwendigkeit eurer Arbeit und Angebote?

Umweltbildung und Naturvermittlung ist eine der wichtigsten Aufgaben, die es derzeit zu bewältigen gibt, da die Naturentfremdung wie eine Epidemie um sich greift. Green Steps versucht die Naturvermittlung um eine achtsame und sinnvolle digitale Komponente zu bereichern, indem wir Schulen, Lehrer, Schüler, aber auch interessierte Privatpersonen befähigen, das Internet of Nature (IoN) gemeinsam zu bauen.

Heutzutage redet jeder von co-creation. Für uns war das schon immer teil der Strategie, nicht anderen etwas vorzulabern, sondern nur zu unterstützen, selbst Erfahrungen zu sammeln. Was bei der co-creation oft vergessen wird: wir müssen uns auch im Klaren sein, was es zu schaffen gilt und nicht irgendwie unkoordiniert auf etwas losarbeiten.

Unserer Meinung ist das gemeinsame Erstellen eines Naturlernraumes eine pädagogisch und ökologisch zentrale Aufgabe, für die wir die notwendigen Werkzeuge entwickelt haben. Ich gehe davon aus, dass daher eher früher als später die Nachfrage steigen wird.

Die gerodeten WWE Gründe im Stadtteil Viehofen

6. Mit welchen Herausforderungen seid ihr konfrontiert?

Wie alle anderen Organisationen, die in der Umweltbildung tätig sind, kämpfen wir mit dem Stigma, dass derartige Aufgaben ehrenamtlich zu erbringen sind. Ich erinnere mich gerade an ein Gespräch mit Susanne Plank, der Obfrau der Naturschutzjugend, die mir ihr Leid klagte. Es vermischen sich dabei zwei Themen: die an sich schlecht bezahlte und gering anerkannte Tätigkeit des Unterrichtens, und die in einer techniklastigen Gesellschaft noch weniger anerkannte Tätigkeit der Naturvermittlung.

Obwohl wir idS dieselben Herausforderungen wir Naturschutzjugend, Pfadfinder oder Naturfreunde zu bewältigen haben, ist Green Steps zusätzlich ein sehr junger Verein, der keinen Zugang zu öffentlichen Förderungen hat. Das macht es gerade im kleinstrukturieren Österreich sehr schwer Neues auf die Beine zu stellen. Unser internationales Netzwerk ist da eine große Hilfe, um den lokalen Gegenwind abzufedern.

Denn leider wird unsere Arbeit von der Stadt unterwandert, was uns besonders bedrückt, da wir lange die Unterstützung des Bürgermeisters gesucht und sehr naiv alle unsere Informationen mit ihm und seinen Mitarbeitern geteilt haben. Die Stadt ist nicht an ernsthaften und sinnvollen Kooperationen mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft interessiert. Es geht dem Bürgermeister nur um Kontrolle und um Propagandainhalte, durch die er sich und sein Team positiv darstellen kann. Das Ganze ist hoch grotesk und erinnert mich leider sehr an meine Zeit in China.

Wir haben beispielsweise angeboten, unser in St. Pölten entwickeltes Kartenspiel und den St. Pöltner Baumführer im Tourismusbüro aufzulegen. Wir haben angefragt, das Volksheim Nord einmal in der Woche für ein Kinderkino zu verwenden, weil dort dutzende Kinder mit Migrationshintergrund nur den Parkplatz zu Spielen haben. Aber selbst nach vielfachem Nachhaken, konnten wir keine Antwort bekommen.

Wir haben angeboten die Baumwanderungen in der Nachmittagsbetreuung der städtischen Schulen anzubieten, sind aber immer wieder mit extremer Kälte zurückgewiesen worden. Das Magistrat unterstützt nur die roten Kinderfreunde, die roten Naturfreunde und Kunstprojekte die top down gesteuert werden können. Alle anderen Aktivitäten werden offensichtlich als politische Konkurrenz verstanden. Die mangelnde Transparenz, die ich in St. Pölten erlebe und der fehlende Wille überideologisch fehlende Inhalte zu erarbeiten, ist zutiefst ernüchternd und mittelalterlich.

Wir haben unser Vertrauen in den Bürgermeister und sein Team durch diese wiederholten setbacks verloren, insbesondere weil wir ihm im Herbst letzten Jahres unsere Arbeit mit den alten Bäumen präsentierten und den Mobile Campus als wegweisendes Konzept für die Stadt übergeben wollten. Anstatt von Herrn Stadler kam Frau Gamsjäger, und ein paar Wochen später mussten wir erfahren, dass das Magistrat anstatt mit uns gemeinsam an diesem Bildungsprojekt zu arbeiten, im Alleingang begonnen hat – nach fast 20 Jahren Untätigkeit – alte Bäume zu sondieren und als Naturdenkmäler zu beantragen.

Mangels Unterstützung von der Stadt, haben wir im Dezember gemeinsam mit den Grünen St. Pölten und der Forschungsgemeinschaft Lanius den Schutz von 185 Naturdenkmälern beantragt, das entspricht etwa der Hälfte aller von uns kartierten Bäume. Aber die Stadt hat leider in allem eine top-down Strategie, so wurde im Jänner im Gemeinderat, wo die SPÖ hoffentlich nicht mehr lange die absolute Mehrheit hat, mehr als eine Million Euro freigegeben um über fünf Jahre den städtischen Baumkataster fortzuführen. In Kooperation mit Green Steps hätte man viele Bürger und Kinder involvieren und dieses Geld für wichtige Bildungsinhalte verwenden können.

Leider ist mit der Stadt nicht einmal ein Gespräch möglich, um die vielfachen Vorteile zu besprechen. Der einzige Termin, den ich über ecopoint anberaumen konnte und an dem überraschender Weise Herr Zeh und Frau Fischer sowie einige andere Magistratsbedienstete im Juli des letzten Jahres teilnahmen, endete im klassischen Achselzucken von Bürokraten, die nicht wissen, wer für Umweltbildung verantwortlich ist. Das einzige was sie wissen, ist dass sie es nicht sind.

Rodung eines Altparkbestandes in Viehofen, Dez 2022

7. Welche Pläne stehen in nächster Zeit am Programm?

Wir werden den Mobile Campus 4.0 Schritt für Schritt in Kooperation mit lokalen Schulen und interessierten Lehrern hochfahren und unsere Aktivitäten im Bereich science communication mit der TU München fortsetzen. Die Natur gibt uns die Kraft trotz der lokalen Hindernisse weiterzumachen.
Wanderungen gibt es ab März jeden Mittwoch und jeden Sonntag sowie nach Vereinbarung. Weiters gibt es bei uns im Büro jedes Monat einen dreistündigen workshop durch den man den Klimawandel bestens versteht. Diesen aus Frankreich kommenden workshop bietet Green Steps als einzige Organisation in St. Pölten auch für Schulen an. Im August wird es voraussichtlich auch wieder unsere Sommerlager im Sonnenpark geben.

8. Welches Erlebnis ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Unsere Wanderung nach Ochsenburg letzten Juli, denn die war ein extremes Wechselbad von Freude und Trauer. Einerseits haben wir den größten Baumes St. Pölten gefunden und vermessen: eine Schwarzpappel mit 11 Meter Stammumfang. Sie wächst etwas unscheinbar am Traisenufer und ist nur vom Naturfreunde Bootshaus gegenüber in voller Pracht zu erkennen. Ihr weit verzweigter Stamm hat allen Kindern unseres Sommercamps wie ein riesiges Haus Platz geboten. Das war ein wirklich tolles Erlebnis.

Leider mussten wir dann unter dem Schloss Ochsenburg die Fällung einer uralten Linde beklagen, die dort für sicher mehr als 300 Jahre gestanden war und einem Gehsteig und einer etwas breiteren Brücke Platz machen musste. Der betroffene Grundeigentümer war vom Bauamt massiv unter Druck gesetzt worden, der Fällung zuzustimmen und heulte wie ein kleines Kind. Für uns sind solche Erfahrungen ein klares Indiz, dass in der Stadtverwaltung noch nicht ausreichend Umweltbewusstsein vorhanden ist.

Eine Schwarzpappel - mit 11m Stammumfang der größte Baum St. Pöltens

9. Was ist deine persönliche Motivation, dich in diesem Bereich zu engagieren?

Die Zukunft meiner Kinder. Aller Kinder.

Der Mensch ist eine vom Baum abhängige Art. Wenn wir diese Tatsache nicht in unseren Köpfen und Herzen verankern können, dann gibt es wenig Hoffnung, dass wir die Klimakrise bewältigen. Neue Technologien im Bereich der Mobilität oder der erneuerbaren Energie sind nur ein Teil der Lösung – Bewusstseinsbildung und erfahrungsbasiertes Lernen in der Natur haben mE mehr Gewicht.

10. Warum ist eure Arbeit (für St. Pölten) wichtig?

St. Pölten ist durch die politische Situation einerseits eine enorm konservative, top-down regierte Stadt, die sich auf neue Ideen ungern einläßt. Andererseits verändert sich die Stadt rasant: Bautätigkeit, Zuwanderung, gesellschaftliche Transformation, all diese Themen geben der Stadt eine große Dynamik, mit der Möglichkeit Neues entstehen zu lassen. Wir sehen uns als ein bottom-up Katalysator an der Schnittstelle von Bildung, Umwelt und Technologie. Gerade St. Pölten hat mehr Organisationen unserer Art dringend nötig.

11. Für die Zukunft erhoffe ich mir ...

Mit einigen Akteuren an einem Strang zu ziehen, um in St. Pölten etwas aus der Taufe zu heben, das Teil einer wirklichen Transformation ist. Wir brauchen diese Transformation und wers nicht glaubt, sollte mehr rausgehen und über den psychischen Zustand unserer Jugend lesen.

12. Zusätzliche Infos

• Unsere aktuellen Veranstaltungen: https://ark.greensteps.me/community/stp/events
• Unser newsletter: https://www.greensteps.me/membership.php
• Eine Vision für unsere Gesellschaft: https://www.greensteps.me/library/eine-vision-fuer-die-kinder--und-jugendarbeit-der-zukunft-.php